DER AUFBRUCH

Über die Hecke der Hagadisen

Der Wanderer vernimmt die Antwort ohne zu verstehen
Aus welchem Grund hier all dies Leiden herrscht.
Entlang der Spur von Serpentinen, gewunden, endlos,
Schlängelnd in einer Schwärze unwissender Bahn,
Schleppt sich sein Leben durch den Sand der Zeit.
Ein Wort dringt an sein Herz, das er kaum hören kann,
Ein Schicksal zwingt ihn die gewohnte Kreisbahn zu verlassen
Und in ein unbekanntes Leben voller Gefahren aufzubrechen.

Ein banger Frohsinn, der nicht lange standhält, treibt ihn
Unwissend, müde, unbeugsam zum Krieg der Seele,
Zu einem Hauch von Göttlichkeit in seinem Kampf.

Glauben erfleht er, der eine Niederlage überstehen kann,
Die innre Stärke einer Zuversicht, die den Tod nicht kennt.
Er lernt zu lesen sein Motiv und den Grund seiner Taten,
Doch die eine große Wahrheit entzieht sich seinem Griff.

Ein unartikuliertes Flüstern treibt seine Schritte an,
Und er fühlt seine Stärke zwar, doch nicht den Sinn.
Nur seltne Andeutungen kommen als Führung,
Doch die gewagten Mutmaßungen spalten sein Hirn.
Nur in seltnen nächtlichen Stunden des Träumens,
Schaut auf ihn herab die lang entbehrte Wahrheit.
Eine Vision überirdischer Mächte kam zu ihm
Und lockte ihn mit lichterfüllten Blicken.
Dann wird er zu dem gedrängt, was er nicht ist.
Er fleht nach einer Kraft, die nicht erlahmt,
Nach einer Freude ohne Enttäuschung
Und er ahnt, dass diese Sehnsucht ihm bestimmt ist.

Gutgeheißen wird sein Aufbruch durch der Götter Zeugnis,
Was blindes Denken ablehnt, nimmt seine Seele an.
Das Unmögliche ist der Götter Zeichen für künftige Dinge.

21.5.24

Unsichtbare Hilfe

Des Wandrers Leidenschaft marschiert in innrer Stille,
Sein Zwergmental ruft anhaltend die Kraft der Mächtigen herab.
Sich fügend einer Weisheit, die der Hölle keinen Wert beimisst,
Sieht er die rauhe Nützlichkeit von Tod und Furcht.

Unzugänglich für Wunsch, Verhängnis und die Hoffnung,
Verharrt die Göttin in ihrer Position der lautren Macht
Und trägt bewegungslos das ungeheure Werk der Welt.
Das Unwissen des Wanderers erhellt sie durch ihr Wissen.
So wie die Höhe stets das Niedre lockt zum Aufstieg
Und wie die Größe lockt das Kleinre zum weiten Abenteuer,
So lockt die Unnahbare seinen zögerlichen Schritt empor.
Sorglos steht sie seinem bedeutungslosen Kummer gegenüber,
Und schreitet über Freud und Leid gleichsinnnig hinweg.
Sie hat keinen Anteil an dem Guten, das wie das Böse stirbt.
Stumm und rein ist sie unbeteiligt an seinen Gegensätzen,
Sonst wäre ihre Kraft geschwächt und könnte nicht mehr retten.
Die Unsterbliche blickt nicht auf ihn wie andre Menschen,
Sie sieht auf die verborgenen Aspekte und die Möglichkeiten,
Sie achtet das Gesetz und den natürlichen Lauf der Dinge.
Nicht angetrieben von dem Tatendrang des kurzen Lebens,
Nicht aufgewühlt vom Sporn der Blendung und der Ungeduld,
Sie hastet nicht, um einen kosmischen Knoten aufzulösen,
In Ruhe und Geduld wartet sie auf die Stunde des Ewigen
Und bietet dann ihre geheime spirituelle Hilfe an,
Damit der Wandrer rascher sich nach oben windet und mit ihm
Die Natur sich ihren Weg durch die granitnen Blöcke bahnt.

26.5.24

Melissa officinalis

Der Wanderer kommt nächtlich müde in ein verwunschnes Dorf.
Er sieht im Sternenlicht ein Männlein stehen ganz einsam und allein.
Es winkt dem fremden Wandrer zu und er kehrt freundlich ein.
Die Küche ist verstellt mit Kolben, Gläsern, mit unzähligen Fläschchen
Teils halbvoll aufgefüllt, teils halbleer ausgetrunken.
Es riecht verbrannt nach Destillat, nach seltnem Öl und Heustock.

Das Männlein bot ihm freundlich an, aus einer Flasche
Hell und klar, zu kosten frisch Gebranntes.
Hochprozentig muss es sein, es reicht ein schneller Schluck:
Er flüstert leis es sei der Geist der ihm gewogenen Melissen,
Ein Egregor der Kräuter Art, von ihm gebannt als solcher.

Auch Weihrauch glimmte in der Hütte, er potenziert den Geist.
Der Wandrer bringt sich selber dar als Opfergabe.
Ein Wort am rechten Ort schenkt Glück für Stunden.
Im Wechselspiel entfaltet sich ein Vers zum Pfauenrad.
Indes erwacht Melissens Geist und steigt in seinen Kopf
Und dreht ihn um im Mittelpunkt von tausend Weisen,
Er hüpft und springt im Wirbeltanz funkelnder Launen
Bis die Beine ihm versagen und sein Verstand erlischt.

28.5.24

Reiselandschaft

Der Wanderer erwacht ernüchtert früh am Morgen,
Es locken neue Horizonte, er macht sich wieder auf den Weg.
Auch wenn sein Weg ihm unerkannt bleibt
Und der Treibsand das Leben unsicher macht,
Läßt ihn das schweigend Schicksal seinen Weg doch finden.
Er ist ein Schatzsucher auf irdischen Wegen,
Ein Abenteurer und ein Finder zauberhafter Landschaften.
In Zwischenschritten seiner Wege ins Unbekannte,
Tauchen ungesehne Länder auf, die für eine Weile reizen,
Dann locken wieder neue Morgen zu neuen Abenteuer.

Es gibt kein Ende in der Grenzenlosigkeit des Endlichen,
Es gibt keine letzte Sicherheit, wo das Denken ruhen kann
Und keine Endstation für die Erfahrungen der Seele.
Ein entferntes Grenzgebiet, eine nie erreichte Ferne ruft ihn.
Ein langer Anfang für die lange Wanderschaft wurde gemacht.
Er brach auf als Reisender und zieht über das Land der Ewigkeit.
Im ersten vagen Anlauf seines Welten-Abenteuers
Sieht man ihn ganz unwissend der eignen Kraft
Als zaghafter Initiant auf weiten Pisten ohne Plan,
Als unerfahrner Kapitän auf brüchigem Boot,
In einem Schlepper mit nur wenig Proviant.
Er hält er sich dicht am Ufer, meidet strikt
Den gefahrenvollen offenen und endlosen Horizont.
Er fährt nur einen kleinen Küstenstreifen ab, sein Lohn
Wird ausbezahlt von einem Hafen bis zum nächsten.
Zufrieden mit seinen immer gleichen Hafenfahrten,
Riskiert er nicht das Neue und das Ungesehene.

Doch nun hört er das Rauschen größrer Meere.
Eine sich weitende Welt lockt ihn zu ferneren Plätzen
Zu Reisen in den Umkreis einer größeren Schau,
Zu unbekannten Völkern und unentdeckten Küsten.
Sein Schiff nimmt Kurs auf der Weltwirtschaft Straßen
Und er erreicht jetzt auch die Hafenlichter fernrer Zonen.
Er erschließt sich teure Stoffe, Statuetten, bunte Tücher,
Juwelenbesetztes Spielzeug für die großen Kinder,
Prachtstücke, täglich leicht gewonnen und schnell verloren.

Noch wagt er nicht den Horizont der Ozeane zu durchkreuzen,
Deren Ferne seine Träume fürchten lassen.
Er findet seine Häfen auf sturmumtobten Inseln,
Geführt von seinem mentalen ahnungsvollen Kompass,
Er dringt durch hellen Dunst verhüllter Sterne,
Auf Handelsstraßen, in digitalen Karten aufgezeichnet.

Doch naht der Tag und ist schon angebrochen,
An dem sein Bug zu unentdeckten Ufern vordringt,
Er wagt sich kühn zu ungeahnten Kontinenten.
Er nimmt die Fährte auf zu den Inseln der Seligen,
Verlässt die altbekannten Länder, durchkreuzt den Horizont
Und wendet seinen Kurs den Symbolen ewiger Dinge zu.
Das Leben ändert jetzt den Zeittakt der Mechanik,
Es verblassen die konstruierten Bilder in den Datenbanken,
Die ihm den Blick verstellen für die Aussicht ohne Grenzen.

Die Gewohnheit sterblichen Denkens verlässt er,
Erreicht das Ende der mentalen Welt, späht ins Unbekannte.
Er überquert den Rand des sterblichen Horizonts
Und findet eine neue Schau von sich und von den Dingen.

Wo der Mond die Finsternis der Welt beleuchtet,
Dort wird sichtbar in einem nebelhaften Traumlicht,
Der Umriss einer blassen und geheimnisvollen Küste.
Auf dem Meer eines nicht auslotbaren Unbekannten
Führt seine Fahrt ihn durch eine Sternenwelt des Traumes.
Auf dem Deck eines unwirklichen Nachens segelt er
Zu einem namenlosen Stern als seinem festgelegten Ziel.
Doch niemand weiß, wohin er durch das Unbekannte kommt,
Was ihm die Geheimmission des Abenteuers bringt.
Beschwingt durch eine unbekannte Kraft in aufgewühlter Tiefe,
Durch Dunst und Nebel, tragen versiegelte Impulse
Ihn weiter und erheben ihn in Stunden schwerer Not.

Spät erst wird er wissen, ob sein Versprechen sich erfüllt,
Ob ein stärkendes Mental seinen Körper umformt,
Um die Unsterblichkeit im eignen Hause zu beherbergen
Und sich das Endliche mit dem Unendlichen verbindet.

Durch die Salzwüsten endloser Jahre,
Durch die Winde auf den Ozeanen,
Folgt er dem Kielwasser seiner Bewusstseins-Kraft,
Segelt er durch Tod und andre Leben,
Reist er durch Schlaf und Wachsamkeit.
Eine okkulte Kraft kettet ihn an sein Schicksal.
Seine eigne Schöpfung lässt ihn nicht ruhen
Bis die letzten sterblichen Reste weichen
Und das Morgenlicht in einem ewigen Tag aufgeht.

Solange die Natur besteht, ist dieser Wandrer unterwegs,
Ist er mit der Natur verbunden als Wirkkraft und als Zeuge.
Selbst wenn der Wandrer schläft, verlässt sie ihn nicht.
Eine Wahrheit gibt es zu wissen, ein Werk zu tun.
Ihr Spiel ist Wirklichkeit, die Erfüllung eines Mysteriums.
Da gibt es einen Zweck im weiten Spiel des Zufalls,
Einen Aufgang der Natur seit der ersten Dämmerung des Lebens.
Dieses Geheimnis verdeckt die Natur mit ihrem Spaß,
Mit ihren Launen, ihren Sprüngen, ihren Phasen des Stillstands.
Sie verließ die weiße Unendlichkeit damit sie neu erblühe.
Eine verlorene Macht reißt sie aus ihrem Python-Schlaf,
Damit die Augen des Zeitlosen bewusst in die Zeit schauen
Und die Natur sich selbst als unverhüllte Göttlichkeit offenbart.

30.5.24